10.06.2024

Von Umsatzsteuer bei Gewerbeimmobilien bis hin zu Umsatzsteuer-Schädlingen

Umsatzsteuer – ja oder nein? Auch wenn die Vermietung von Immobilien grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist, können in bestimmten Fällen Vermieter von Gewerbeimmobilien freiwillig auf diese Steuerbefreiung verzichten. Entscheidend ist dabei vor allem, wer die Immobilie nutzt und wofür. Was das konkret bedeutet, wo die Vorteile liegen und welche Voraussetzungen genau erfüllt sein müssen, um die Verzichtoption auf Umsatzsteuerfreiheit in Anspruch nehmen zu können, verraten Ihnen unsere Gewerbemakler in diesem Blog-Beitrag.

Die Ausnahme von der Regel – Umsatzsteuer bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien

Beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen ist ganz klar: Es wird eine Umsatzsteuer von 19 % fällig. Eine Klarheit, die es im Vermietungsgeschäft so nicht gibt. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Immobilienbesitzer, die ein Objekt an ein Unternehmen vermieten, die Wahl. Soll es eine Umsatzsteuer geben oder nicht? Meistens fällt die Entscheidung zugunsten einer Umsatzsteuer aus. Einfach, weil sie Vorteile bringt. Doch der Reihe nach.

Wann ist eine Umsatzsteuer rechtens?

Da grundsätzlich bei der Vermietung von Immobilien die Umsatzsteuer keine Rolle spielt, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, damit ein Objekt umsatzsteuerpflichtig vermietet werden kann. Und das sind folgende:

  • Die Gewerbeimmobilie wird vom Eigentümer an ein Unternehmen vermietet und dient einem Unternehmenszweck.
  • Der Mieter nutzt die Räumlichkeiten für eine Tätigkeit, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, kann der Vermieter auf die Befreiung verzichten und zur Umsatzsteuer optieren – was die meisten auch tun. Schließlich bekommen sie so im Falle von Renovierungen, Instandhaltungen und Errichtungen die Mehrwertsteuer erstattet. Sämtliche Kosten dieser Art belasten den Vermieter also nur in Höhe des Netto-Betrags, was die Rentabilität der betreffenden Immobilie erhöht.

Vorteile für beide Seiten

Die Umsatzsteuer auf Gewerbeimmobilien bringt also Vorteile – für Vermieter, aber auch für Mieter. Denn während der Vermieter Eingangsrechnungen wie Handwerkerkosten als Vorsteuer abziehen kann, hat der Mieter die Möglichkeit, die gezahlte Umsatzsteuer beim Finanzamt geltend zu machen. Eine klare Win-win-Situation also.

Ein wichtiger Punkt, den es jedoch vor allem seitens des Vermieters zu beachten gilt: Wird ein Objekt umsatzsteuerpflichtig vermietet, muss in den ersten zehn Jahren sichergestellt sein, dass der Mieter ausschließlich Tätigkeiten ausübt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Warum dies so wichtig ist, zeigt das nachfolgende Beispiel:

Eine Immobilie wird umsatzsteuerpflichtig vermietet. Der Vermieter kann also die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. So weit. So gut. Nun ändert sich aber innerhalb der ersten zehn Jahre nach Mietvertragsabschluss der Status des Mieters. Statt umsatzsteuerpflichtig ist er nun umsatzsteuerfrei. Ein Wechsel, der mitunter teure Konsequenzen für den Vermieter mit sich bringt. Schließlich wird der ursprüngliche Vorsteuerabzug anteilig für den Rest des Berichtigungszeitraums angepasst, sodass der Vermieter einen Teil der bereits abgezogenen Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen muss. Damit dies nicht geschieht und keine unerwarteten Kosten auf den Vermieter zukommen, sollte dieser Punkt entsprechend vertraglich geregelt werden.

Umsatzsteuer-Schädlinge – was ist das?

Finanzdienstleister, Versicherungen, Bildungsträger, Parteien und Ärzte sind Unternehmen, die nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind. Im gewerblichen Mietrecht werden sie umgangssprachlich auch gerne Umsatzsteuer-Schädlinge genannt. Warum? Weil sie keine Umsatzsteuer auf ihre Dienstleistungen erheben, und der Vermieter somit auch nicht die Umsatzsteuer auf die Miete zurückfordern kann.

Wer seine Räumlichkeiten an Hausärzte oder Versicherungen vermietet, hat zwei Möglichkeiten:
Möglichkeit a: Der Vermieter hat nicht optiert.
In dem Fall kann ohne MwSt., also brutto=netto vermietet werden.
Möglichkeit b: Der Vermieter hat optiert, verzichtet also auf die Umsatzsteuerfreiheit.
In dem Fall muss ein sogenannter MwSt.-Schaden ermittelt werden, der dann auf den eigentlichen Mietpreis gerechnet wird.

19 % oder doch mehr?

In manchen Fällen – zum Beispiel bei einem Neubau oder einer kernsanierten Gewerbeimmobilie – reichen 19 % MwSt. für eine Vermietung an einen Umsatzsteuer-Schädling nicht aus, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:

Die Baukosten einer Immobilie mit 250 m² liegen bei 1 Mio. Euro zzgl. 190.000 Euro MwSt. Würde der Vermieter die Räumlichkeiten an einen Umsatzsteuer-Schädling für 10 Jahre vermieten, wäre das ein Schaden von 6,33€/m², der auf den regulären Mietpreis erhoben wird.

Fazit: Daher muss jede Immobilie beziehungsweise Anmietung individuell geprüft werden, da die Mehrkosten auch deutlich über den 19 % liegen können.

Gerne beraten wir Sie!

Als erfahrene Gewerbemakler kennen wir uns mit der Thematik umsatzsteuerpflichtige Vermietung bestens aus. Dabei stehen wir Ihnen bei all Ihren Fragen mit Rat und Tat zur Seite und machen Sie gerne – alle relevanten Aspekte immer im Blick – auf mögliche Fallstricke aufmerksam. Sprechen Sie uns einfach an – wir freuen uns, von Ihnen zu hören.